Was dahinter steckt

Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum?

Das ist er also, der Cocktail, der mein Interesse am Thema (wieder-) erweckt hat: Der B-52. Ob es sich dabei um einen Shot oder Shooter handelt, lässt sich dank fehlender rechtskräftiger Definition nicht sagen – hier im Blog wird aber heute und in Zukunft ohnehin nicht weiter differenziert: beide Begriffe bezeichnen „Kurze“. Was sich dagegen eindeutig sagen lässt, ist, dass es sich um einen Pousse Café handelt. So bezeichnet man nämlich die spezielle Zubereitungsart, bei der die einzelnen Flüssigkeiten vorsichtig in Schichten übereinander gelegt werden, ohne dass sie sich dabei vermischen. Das funktioniert, weil die einzelnen Zutaten über einen unterschiedlich hohen Zucker- und Alkoholgehalt verfügen. Kurz gesagt: Je mehr Zucker und weniger Alkohol enthalten ist, desto schwerer ist die Flüssigkeit und desto weiter unten im Glas landet sie, und je weniger Zucker und mehr Alkohol enthalten ist, desto leichter ist die Flüssigkeit und desto besser lässt sie sich über andere legen. Wer sich für das „Gewicht“ unterschiedlicher Alkoholika interessiert, um damit seinen eigenen Pousse Café zu kreieren, sollte einmal einen Blick auf diese Tabelle werfen. Das Schichten fällt dabei umso leichter, je unterschiedlicher die angegebene Werte sind.

Die Vielzahl an Möglichkeiten, die unterschiedlichen Zutaten übereinander zu schichten, mag auch mit ein Grund dafür sein, dass es zahlreiche Variationen dieses Cocktails gibt.

Der „richtige“ B-52 besteht aus drei verschiedenen Zutaten, die zu gleichen Teilen in ein Shot-Glas geschichtet werden. Dabei handelt es sich im Allgemeinen um Kaffeelikör, Irish Cream und Orangenlikör. Das „offizielle“ Rezept der International Bartenders Association (IBA) verlangt im Speziellen nach Kahlúa, Baileys und Grand Marnier. Leider schweigt sich das Rezept aber darüber aus, um welchen „Grand Marnier“ es sich genau handeln soll: den Cordon Rouge, einen Orangenlikör auf Cognac-Basis, oder den Cordon Jaune, einen „normalen“ Triple Sec. Ich habe mich bei meinem Versuch an das Rezept von Steve the Bartender gehalten, der den Cordon Rouge verwendet. Ich gehe auch stark davon aus, dass das im Sinne des Erfinders ist, da in Abwandlungen des „Originalrezepts“ meist explizit darauf hingewiesen wird, den „Grand Marnier“ durch einen Triple Sec zu ersetzen. Das wäre in dieser Deutlichkeit ja nicht nötig, wenn man den einen „normalen“ Triple Sec (Cordon Jaune) durch einen x-beliebigen anderen ersetzen wollte.

Also halten wir einmal fest, dass es diese zwei grundlegenden Varianten des B-52s gibt: Einmal mit Grand Marnier Cordon Rouge und einmal mit Triple Sec. Wenn man jetzt noch Cointreau mit in den Ring wirft, sind wir schon bei dreien.

Alle drei Orangenliköre dürften dem Shooter mit Sicherheit ihre eigene Note verleihen, aber letztlich doch recht ähnlich schmecken. Optisch gefällt mir die Version mit dem Grand Marnier Cordon Rouge am besten, da das Orange schön zum Schwarzbraun des Kaffeelikörs und dem Beige des Baileys passt.

Über diese subtilen Anpassungen hinaus gibt es aber auch noch zahlreiche andere Varianten, die sich recht offensichtlich vom Originalrezept unterscheiden:

  • B-52, bei dem der Grand Marnier durch Rum ersetzt wird. Häufig ändert sich bei dieser Gelegenheit auch das Mischungsverhältnis zugunsten von Kahlúa und Baileys – es wird also nur vergleichsweise wenig Rum verwendet, nämlich des einfachen Flambierens wegen und nicht unbedingt wegen des Geschmacks.
  • B-52 in the desert: Der Baileys wird durch Tequila ersetzt.
  • B-52 with Bomb[ b]ay Doors: mit Bombay Sapphire statt Baileys; ein Wortspiel aus bomb bay (damit ist der Waffenschacht eines Flugzeugs gemeint) und Bombay (als Reminiszenz an die Geschichte des Gins).
  • B-53: mit Wodka statt Grand Marnier.
  • B-54: mit Amaretto statt Grand Marnier.
  • B-55: mit Absinth statt Grand Marnier.
  • B-57: mit Sambuca oder Anisette statt Baileys und Triple Sec statt Grand Marnier (sic!).
  • Duck Fart: mit Whisk(e)y statt Grand Marnier.
  • B-61: mit Rum, Vanillelikör und Schokoladenlikör (hat also mit dem Originalrezept rein gar nichts mehr gemeinsam).

Nicht nur die Zutaten lassen sich variieren, sondern auch die Darreichungsform. Der B-52 ist bekannt dafür, dass er flambiert serviert wird. Die makabere Geschichte dahinter: Der Shooter (sic!) ist nach einer Massenvernichtungswaffe einem Langstreckenbomber benannt, der Boeing B-52 Stratofortress. Dieser kam in den 60er und 70er Jahren in Vietnam unter anderem zum Einsatz, um Brandbomben abzuwerfen (obwohl Napalm wohl meist durch Jagdbomber im Tiefflug gegen Flächenziele eingesetzt wurde).

Wer den B-52 trotz ethischer Bedenken flambiert servieren möchte, kann versuchen, den Grand Marnier direkt anzuzünden. Einfacher geht es, wenn man vorher ein paar Tröpfchen Overproof- oder Inländer- („Stroh“-) Rum darüber träufelt, da dieser aufgrund des höheren Alkoholgehalts (ca. 60% vol.) schneller/besser brennt.

Boeing B-52 Stratofortress
Boeing B-52 Stratofortress
Trümmer einer abgeschossenen B-52 im Huu-Tiep-See in Hanoi, Vietnam
Trümmer einer abgeschossenen B-52 im Huu-Tiep-See in Hanoi, Vietnam

Wie er gemacht wird

Zutaten, Zubereitung und Zierrat.

Zum Schichten die Flüssigkeiten über einen umgedrehten Bar- oder Teelöffel laufen lassen. Den Löffel dazu im Shot-Glas möglichst flach und knapp über der Oberfläche halten.

Achtung: Bei frischen bzw. noch recht vollen Flaschen kommt der Inhalt in der Regel schwallartig aus dem Flaschenhals geblubbert. Das führt zu Mischmasch im Glas und einer klebrigen Theke. Dem kann man jedoch auf verschiedene Weisen vorbeugen: Stelle das kleine Shot-Glas etwas höher, z. B. auf einen umgedrehten Shaker oder ein umgedrehtes Rührglas. Dann musst du die Flasche nicht so stark kippen. Den gleichen Effekt erreichst du auch, wenn du das Shot-Glas am Rand der Theke oder des Tisches platzierst. Gegebenenfalls sorgt auch ein (Faden-) Ausgießer für zielgerichtete Dosierung.

Noch ein Tipp: Den Löffel nach jeder Schicht abwischen, weil man sonst mit der frischen Zutat immer den alten Schmodder mit ins Glas spült – geschmacklich nicht schlimm, aber optisch unschön.

Zutaten

  • 1/3 Kahlúa
  • 1/3 Baileys Irish Cream
  • 1/3 Grand Marnier Cordon Rouge

Zubereitung

Zu jeweils gleichen Teilen die Zutaten in ein Shot-Glas schichten. Zuerst den Kahlúa, danach den Baileys und zum Schluss den Grand Marnier.

Dekoration

Laut offiziellem IBA-Rezept soll der Shooter flambiert serviert werden. Das habe ich nicht gemacht und auch sonst keine Dekoration verwendet. Wem das eine zu aufregend und das andere zu langweilig ist, dem sei eine geröstete Kaffeebohne als gesunder Mittelweg vorgeschlagen.

Zutaten

  • 2 cl Grand Marnier
  • 2 cl Baileys Irish Cream
  • 2 cl Kahlúa

Zubereitung

Die Zutaten eine nach der anderen übereinander schichten: Zuerst den Kahlúa, danach Baileys Irish Cream und am Ende mit Grand Marnier auffüllen.

Dekoration

Den Grand Marnier anzünden und servieren, solange die Flamme noch brennt. Den Strohhalm separat beilegen.

Info

Der B-52 war bis 2020 ein offizieller IBA Drink in der Kategorie „New Era Drinks“. Bei der letzten Überarbeitung wurde er von der Liste gestrichen.

Zutaten

  • Kahlúa
  • Baileys Irish Cream
  • Grand Marnier

Zubereitung

siehe Video

Dekoration

keine

Video

Wie er aussieht

Wen das Auge nicht überzeugen kann, überredet auch der Mund nicht.

Ich bin der Meinung, dass mein Ergebnis (links) dem Stockfoto (rechts) in nichts nachsteht: Die Schichten sind sauber voneinander getrennt und schön gedrittelt. Beim nächsten Mal werde ich versuchen, noch etwas sauberer zu arbeiten und den Löffel zwischen Baileys und Grand Marnier gründlich abwischen, um die Schlierenbildung in der obersten Schicht zu vermeiden.

Mein selbstgemachter B-52
Mein selbstgemachter B-52
Stockfoto von einem B-52
Stockfoto von einem B-52

Wie er schmeckt

De gustibus non est disputandum: Vorurteile, erster Eindruck, Tasting Notes und zweiter Eindruck.

Was erwartet man von einem Shooter, der aus drei Likören besteht? Richtig: Dass er vor allem süß schmeckt. Alle drei Geschmacksrichtungen sind mir recht eindeutig bekannt. Das ist nicht immer so, häufig fällt es mir schwer bis unmöglich, einen Geschmack oder Geruch zu beschreiben. Da die Zutaten zu gleichen Teilen vorkommen, dürfte keine davon dominieren.

So ist es letzten Endes dann auch: Der Geschmack ist sehr ausbalanciert – alle drei Bestandteile kann ich noch einzeln herausschmecken: Den Kaffee vom Kahlúa, das Sahnige vom Baileys und eine (leichte) Orangennote vom Grand Marnier. Vom Alkohol dagegen merke ich wenig. Einerseits, weil nicht besonders viel davon vorhanden ist (Kahlúa: 20%, Baileys 17% und Grand Marnier 40%), und andererseits, weil er vom vielen Zucker in den Likören (mindestens 100 Gramm pro Liter) überlagert wird.

Mich erinnert die Mischung an einen zimmertemperierten Eiscafé mit Schuss – ich hoffe, diese Beschreibung ergibt für den ein oder anderen Leser genauso viel Sinn wie für mich gerade. Dieses Grundaroma aus Kahlúa und Baileys bleibt auch in vielen Variationen erhalten, da häufig nur der Grand Marnier durch eine andere Spirituose ersetzt wird. Ich mag den B-52 jedoch am liebsten nach „Originalrezept“, sowohl des Geschmacks als auch der Optik wegen. So hat er sich (s)einen Platz in meiner Favoritenliste erobert!